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Veränderungen 1Ich erwache am Morgen, doch das Bett neben mir ist leer... Sanfte Klavierklänge beenden den Schlaf und holen mich allmählich in die Wirklichkeit zurück. Ich lächle, als Cat Stevens <Morning has broken> singt, denn was wäre passender für ein angenehmes Erwachen. Ich blinzle und spüre warme Sonnenstrahlen auf dem Gesicht. Dieses Jahr lässt der ansonsten übliche, hässlich graue November noch auf sich warten. Ich bin froh über jeden weiteren Sonnentag, obwohl ich mich nicht beschweren darf. Noch vor wenigen Tagen lag ich am Strand unter der tropischen Sonne Thailands und verbrachte den schönsten Urlaub meines Lebens. Dies lag allerdings nicht nur an der exotischen Umgebung, sondern vor allem an meiner Begleitung. Jörg, ein Schulfreund aus längst vergangenen Zeiten hat mich zufällig nach dem Abschluss des letzten Falls getroffen und mir ohne zu zögern seine Liebe gestanden. Eine Liebe, die er bereits seit mehr als 25 Jahren für mich hegte. Er war jahrelang beruflich unterwegs und kam erst vor Kurzem wieder in seine Heimatstadt zurück. Vielleicht war es tatsächlich nur ein Zufall, dass er mich sah, vielleicht aber auch Schicksal. Jedenfalls kam Jörg genau zum richtigen Zeitpunkt und nur wenige Stunden später hatte auch ich mich heillos über beide Ohren in ihn verliebt. Bis heute bin ich über mich und meine Reaktion erstaunt. Ärzte würden wohl von einem posttraumatischen Stresssyndrom sprechen. Als Folge des vorher erlebten Gräuels. Doch war es so wichtig, Erklärungen zu finden? Bisher jedenfalls nicht. Ich kann mich noch sehr gut an diesen Tag erinnern und besonders an den überwältigenden Sex. Das erste Mal in meinem Leben, das ich aufgeben musste, so sehr hatte er mich über Stunden gefordert. Nur die Freude über den glücklich beendeten Fall vermochte es, mich für zwei Tage abzulenken, an denen ich beruflich verreisen musste, ohne ihn. Was danach folgte, glich mehr einem Traum oder einem Märchen aus <Tausend und eine Nacht>. Wundervolle 15 Tage nur Sonnenschein, blaues Meer, leckeres Essen und Jörg. Viel Jörg. Den ganzen Tag und die halbe Nacht. Ich strecke sehnsüchtig die Hand nach ihm aus, doch das Kissen neben mir ist leer. Einen Moment halte ich inne, bis ich mich erinnere, dass ich alleine bin und das noch eine ganze Weile. Gleich nach unserer Rückkehr wartete eine Reportage auf ihn, die ihn für mindestens zwei Wochen nach Norddeutschland entführt. Wohlige Gefühle durchströmen mich, als ich an ihn denke. Doch sie erhalten sofort einen gehörigen Dämpfer, je mehr mir bewusst wird, dass ich für die nächsten Tage wohl wieder abstinent leben muss. Dass niemand neben mir im Bett schläft, den Arm über mich legt, mit mir kuschelt und mir das herrliche Gefühl von Geborgenheit vermittelt. Mir ist klar, dass es an dem abrupten Wechsel liegt, denn es gab Zeiten, wo ich mich glücklich schätzen konnte, einmal alle zwei bis drei Monate meine Hormone in Wallung zu bringen. Allerdings war ich hinterher meist froh, wenn der One-Night-Stand möglichst rasch wieder die Wohnung verließ. Ich seufze, strecke die Hand zum Wecker aus und bringe ihn zum Verstummen. Der aktuelle Staubericht interessiert mich momentan herzlich wenig. Noch einmal rekle ich mich genüsslich und schäle mich schließlich aus dem Bett. Mit einem herzhaften Gähnen schlurfe ich ins Badezimmer. Ich brauche jetzt erst mal eine ausgiebige Dusche, um auf Touren zu kommen. Obwohl es gestern bei Gernot in der Kneipe, nicht sehr spät geworden war und das trotz eines Freitags, empfand ich es anstrengender als sonst. Zerzauste schwarze Haare und dunkle Augenringe blicken mir im Spiegel entgegen, sodass ich dem Spiegelbild erst einmal die Zunge blecke und eine Grimasse schneide. Ich sehe schlimmer aus, als ich mich fühle. Erst auf den zweiten Blick wird mir klar, dass ich vergessen habe, mich gestern vor dem Schlafengehen abzuschminken. Das erklärt die besonders dunklen Schatten unter den Augen am heutigen Morgen. Ich streife das T-Shirt ab und gähne nochmals herzhaft. Auf einen Slip habe ich verzichtet. Schon bald wird die Zeit kommen, wo es mir, so leicht bekleidet, zu kalt sein wird zum Schlafen. Aber vielleicht habe ich diesen Winter jemanden neben mir, der mich wärmt. Irgendwie kann ich es noch immer nicht richtig fassen, einen Partner gefunden zu haben, bei dem ich mich wirklich wohl fühle. Nicht zum ersten Mal frage ich mich, ob Jörg tatsächlich der Richtige sein könnte. Der Mann fürs Leben? Für mein Leben? Oder ob alles einfach zu schnell ging. Geduld war allerdings noch nie meine Stärke. Ich drehe in der Dusche das Wasser auf und trete langsam unter den warmen Strahl. Genüsslich hebe ich den Kopf und lasse die Tropfen auf das Gesicht prasseln. Ich spüre, wie die Lebensgeister erwachen, wie eigentlich immer, wenn das Wasser meinen Körper umschmeichelt. Heute gönne ich mir sogar eine Spülung für die Haare, obwohl ich sie nur schulterlang trage. Vielleicht sollte ich sie mir wieder wachsen lassen? Ein Versuch könnte nichts schaden. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, es meiner Nichte Lucy gleich zu tun, deren Haare ihr inzwischen fast bis zum Gürtel reichen. Aber dann würden wir uns nur noch ähnlicher sehen. Ich muss lächeln, als ich die Haare shampooniere. Jörg dachte doch tatsächlich, dass wir Mutter und Tochter wären, als er uns im Café sitzen sah, weil wir uns so ähneln. Er war nicht der Erste, der diesen Irrtum erlag. Sogleich geht die Stimmung in den Keller, da ich an meine Schwester Rebecca denken muss. Ich werde wohl keine triftige Ausrede finden, die Einladung zu ihrem Geburtstag auszuschlagen. Wenigstens weiß ich, seit Lucys Geständnis, dass ich in meinem Schwager Holger einen unerwarteten Verbündeten habe, der mich vor ihr in Schutz nimmt, wenn sie wieder einmal Gift und Galle spuckt und kein gutes Haar an mir lässt. Ein bisschen ist mir bange, ihnen von Jörg zu erzählen. So sehr es mir gefallen würde, damit meiner Schwester eins auszuwischen und ihrem ständigen Nörgeln, wann ich mir denn endlich einen Mann suchen würde, ein Ende bereiten könnte, so ungewiss fühle ich mich Holger gegenüber. Sicherlich hat Lucy mit ihrer Mutmaßung übertrieben, er wäre in mich verliebt. Aber wenn doch? Wenn sie recht hat? Wie würde er reagieren, wenn er von meinem Verhältnis zu Jörg erfährt? Wäre er eifersüchtig? Enttäuscht? Oder gar wütend? Aber kann und soll ich denn darauf Rücksicht nehmen? Ich seufze leise, als ich das Wasser aufdrehe und den Schaum aus dem Haar spüle. Nein. Schulterlang genügt, nehme ich den Gedanken von vorhin wieder auf. So sind sie einfach viel praktischer und lassen mich etwas härter erscheinen, was meinem Job als Ermittlerin durchaus entgegenkommt. Eine Berufskollegin trägt sie rappelkurz, gerade einmal einen Zentimeter lang und wirkt tatsächlich deutlich maskuliner. Aber das ist nicht mein Ding. Ein wenig Frau darf schon sein. Mein Blick fällt auf den Massagestab, der immer griffbereit auf der Seifenablage auf seinen Einsatz wartet. Vielleicht muss er mich in den nächsten Tagen etwas trösten und ablenken, zumindest so lange, bis Jörg den Auftrag beendet hat. Ich drehe das Wasser aus und verharre noch einen Augenblick in der Dusche. Wassertropfen laufen mir über das Gesicht [..] Automatisch wandert meine Hand höher, ertastet die längliche Narbe unter der Brust. Dort wo mich damals die Kugel nur gestreift hat. Wenige Zentimeter tiefer und es hätte vorbei sein können. Allmählich wird es besser, verblassen die Bilder an das schreckliche Erlebnis. Zum Glück. Nur ungern würde ich die Ängste noch einmal erleben, die mich wochenlang hinterher gequält haben. Ich verspüre Hunger und erinnere mich, dass ich unbedingt einkaufen gehen muss. Der Kühlschrank ist fast leer geplündert. Da ich die letzten Tage, nach unserer Rückkehr aus Thailand, bei Jörg in der Wohnung verbracht habe, ist mir der eigene Haushalt gänzlich aus dem Sinn gekommen. Ich muss mich mehr am Riemen reißen. Bei aller Liebe zu den herrlichen Schmetterlingen im Bauch, die mir Jörg bereitet, darf ich meine Selbstständigkeit nicht so sträflich vernachlässigen. Ich stehe vor dem großen Spiegel und putze bedächtig die Zähne. Für einen Augenblick spiele ich mit dem Gedanken, das Büro sausen zu lassen. Schließlich ist heute Samstag. Allerdings habe ich das Büro inzwischen seit mehr als zwei Wochen vernachlässigt. Und wie mir die Erfahrung sehr oft gezeigt hat, kommen gute Aufträge stets dann, wenn man sie sich am wenigsten wünscht. Vor dem Kleiderschrank bin ich unentschlossen. Der strahlende Sonnenschein verleitet mich fast dazu, einen kurzen Rock oder eine der Hotpants anzuziehen, doch der Kalender mahnt zur Umsicht. Immerhin ist es Anfang November. Eine lange Jeans und eine warme Bluse erscheinen mir deshalb eindeutig angebrachter. Vielleicht ein bisschen Schmuck? Das wäre doch hübsch, auch wenn ich heute einen Arbeitstag vor mir habe. In der Schmuckschatulle liegt die silberne Kette mit dem vierblättrigen Kleeblatt mit hellblauen Swarovski-Kristallen oben auf. Noch die passenden Ohrringe dazu, und fertig. Zumindest können die Glücks-Kleeblätter nicht schaden. Der Magen knurrt laut und verlangt nachdrücklich, dass ich mich um ihn kümmere. Ein kurzer Blick in den Kühlschrank gibt den Ausschlag. Eier oder ein magerer Rest Milch für Cornflakes, können mich nicht wirklich überzeugen. Ich werde wohl meinem Lieblingscafé <Veneziana> einen Besuch abstatten und dort frühstücken. Der Magen ist scheinbar der gleichen Ansicht und quittiert die Gedanken mit lautem Getöse. Erst dann fällt mir ein, dass ich heute auf Bettina treffe. Mit etwas mulmigem Gefühl wird mir bewusst, dass ich seit der Rückkehr aus dem Urlaub noch nicht mit ihr gesprochen habe. Wie wird sie wohl reagieren? Wie werde ich reagieren? Auch zukünftig? Bis jetzt habe ich mir nicht einmal die Zeit genommen, über unsere Beziehung nachzudenken. Ich brauche eine Lösung und bin mir nicht im Klaren, wie sie aussehen soll. Wie auch, schließlich weiß ich selbst nicht, was ich eigentlich will. Vielleicht hilft reden? Ich muss einfach wissen, was Bettina über mich und Jörg denkt. Ich stehe schon an der Wohnungstür, als ich kurz entschlossen noch einmal ins Badezimmer husche und mich schminke. Nicht auffällig, aber dezent. Wimperntusche, Kajal und der Lippenstift, der Bettina so gut gefällt, genügt. Ich will mich ein bisschen hübscher fühlen, wenn sich die Gelegenheit ergeben sollte, mit ihr zu sprechen. Wenigstens wirkt die Dusche nach wie vor belebend... |