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VollbeschäftigungEin Auszug aus dem Kapitel Vollbeschäftigung. Der Routine-Job kann eiskalt sein... Penetrantes Piepen reißt mich aus dem Schlaf. Wo bin ich? Der automatische Griff zum Wecker geht ins Leere. Es hilft nichts. Ich muss die Augen öffnen, auch wenn ich sie gefühlsmäßig erst vor fünf Minuten geschlossen habe. Dieses Piepen nervt. Ich hasse Geräte, die irgendwelche ätzenden Töne von sich geben. Warum spielt der blöde Wecker nicht meine Radiomusik, wie sonst auch? Habe ich eine falsche Taste gedrückt? Ich muss blinzeln. Erst allmählich sehe ich einzelne Konturen. Es herrscht fast völlige Dunkelheit um mich herum. Nur dünne Lichtstreifen an der Jalousie zeigen mir, dass es bereits Tag ist. Die durchscheinenden Sonnenstrahlen zeichnen feine Linien durch die Gardine auf den Boden. Endlich ertastet meine Hand den Wecker und bringt ihn zum Schweigen. Ruhe. Ich kann es kaum fassen. Das denkt sich scheinbar auch mein Gehirn und erklärt sich langsam aber sicher bereit mit der Arbeit zu beginnen. Ich bin nicht in meinem Bett. So viel steht schon einmal fest. Aber wo bin ich? Klar, es fällt mir wieder ein. Gestern bin ich nach der Observierung zu Jörgs Wohnung gefahren, um bei ihm zu übernachten. Ich hatte solche Sehnsucht und wollte mich einfach nur an ihn kuscheln. Gestern? Nein, heute Morgen. Es war bereits kurz nach viertel Sieben aber stockdunkel, was für Mitte Dezember auch nicht weiter verwunderlich ist. Jörg schlief noch tief und fest. Ich habe mich rasch entkleidet und bin so nackt, wie ich war, behutsam zu ihm unter die Zudecke geschlüpft. Jörg? Sein Bett ist leer. Wo ist er eigentlich? Warum fühle ich mich total zerschlagen? Langsam drehe ich den Kopf und erschrecke. Schon 10:32 Uhr zeigt die Digitalanzeige. Kein Wunder, Jörg ist sicherlich längst in der Redaktion und hat mich nicht nur schlafen lassen, sondern auch den Wecker für mich gestellt. Ich bin mir nur noch nicht sicher, ob ich ihm dafür dankbar sein soll oder nicht. Nach weniger als vier Stunden Schlaf schreit alles in mir danach, sofort wieder die Augen zu schließen und weiterzuschlafen. Was hält mich davon ab, es zu tun? Mist. Im Gegensatz zum Körper scheinen zumindest Teile des Verstandes putzmunter zu sein. Was für ein Verrat. Und der Verstand ist es, der mich ermahnt. Wenn ich jetzt wieder einschlafe, dann fühle ich mich in ein oder zwei Stunden nicht wesentlich besser. Das weiß ich aus leidvoller Erfahrung. Trotzdem kann es nichts schaden, wenn ich mir noch ein paar Minuten Ruhe gönne, um allmählich richtig wach zu werden. Offensichtlich besteht momentan ein internes Kommunikationsproblem zwischen meinem Verstand und den restlichen Körperregionen. Ich lasse die vergangene Nacht und die durchaus interessante Vorgeschichte dazu noch einmal vor dem inneren Auge vorüberziehen. Es war das erste Mal, dass ich das Büro am liebsten wegen Überfüllung geschlossen hätte. Neun Personen besuchten mich gleichzeitig. Sie repräsentierten die Bewohner einer ganzen Straße. Selbst mit den Stühlen aus dem Vorzimmer gab es nicht genügend Sitzplätze, sodass ein Mann und eine jüngere Frau den Älteren den Vortritt ließen. Zur Wortführerin hatten sie eine resolute Blondine im mittleren Alter ernannt. Ich schätzte die Frau mit ihrem burschikosen Kurzhaarschnitt auf Mitte Fünfzig. Ulrike Bayer war makellos gepflegt, dezent geschminkt, trug legere Kleidung, die angesichts der Jahreszeit nach meinem Geschmack etwas zu kühl ausgefallen war. Sie saß direkt vor dem Schreibtisch und erklärte ihr Problem oder genauer gesagt, das der gesamten Straße in rasender Geschwindigkeit und nur wenigen Sätzen, sodass ich Mühe hatte, mitzuschreiben. Ich muss zugeben, dass ich leichte Panik verspürte, als sich plötzlich alle Blicke erwartungsvoll auf mich richteten. Achtzehn Augen, die mich im gleichen Augenblick kritisch musterten. So viel Aufmerksamkeit erhielt ich bisher nicht einmal in meinem Aushilfsjob als Kellnerin. Ich räusperte mich, bevor ich mich zu einem Lächeln durchringen konnte, das die Röte im Gesicht nicht gänzlich überspielte. Es gelang mir einfach nicht, so cool zu bleiben, wie ich es eigentlich beabsichtigt hatte. Es gab jedoch einen triftigen Grund. Erneut war ich in einer Zeitungsmeldung erwähnt worden, wegen des letzten Falls. Genau genommen handelte es sich nur um eine Randnotiz, doch die hatte es in sich. Heldenmütig hätte ich Verbrecher zur Strecke gebracht und das immerhin schon zum zweiten Mal in nur wenigen Monaten. Manchmal wünschte ich mir, dass alles wieder so wäre, wie früher, wo mich kaum jemand kannte und ich noch nicht zum Stadtgespräch avancierte. Aber ich kann es nun nicht mehr ändern. Immerhin hat mir die Bekanntheit einige Türen geöffnet, die für mich früher verschlossen geblieben wären. «Wenn ich zusammenfassen darf?», begann ich noch etwas tonlos und räusperte mich erneut. «Ihre Straße, der Berta-von-Suttner-Weg liegt drüben im Südwesten der Stadt. Entschuldigen sie, wenn mir der Name nichts sagt.» «Oh, das muss es auch nicht Frau Klinger», unterbricht mich Frau Bayer. «Es ist eine etwas ärmere Gegend, wenn ich das so sagen darf. Es wohnen dort nur überwiegend Spätaussiedler, so wie wir hier, die es mit harter Arbeit in den vergangenen 25 Jahren zu bescheidenen Reichtümern gebracht haben. Außerdem ist es eine Sackgasse. Bei uns gibt es also keinen Durchgangsverkehr.» Allgemeines Murmeln setzte ein. Einige der Anwesenden nickten zustimmend. «Nun gut, danke Frau Bayer. Sie erwähnten, dass Viele von Ihnen häufig Bargeld zu Hause hätten und es sich weniger um Wertgegenstände, wie Schmuck oder Kunstwerke handeln würde.» «Völlig korrekt, Frau Klinger. Viele von uns sind selbstständig und besitzen kleine Läden oder Werkstätten. Da ist es uns nicht immer möglich, die Tageseinnahmen zur Bank zu bringen. Wenn jemand bei uns einbricht, dann hat er es sicherlich auf Bargeld, Schmuck oder Elektronikartikel abgesehen, wie Fernseher, Computer, Handys und Ähnliches und nicht auf Originale von <Monet> oder <Van Goch>», lächelte sie. Ich erwiderte das Lächeln. «Aber wie steht es mit einem Tresor? Wäre das keine vernünftige Alternative?», versuchte ich zu argumentieren. «Das mag sein, Frau Klinger. Einige von uns besitzen auch einen Solchen. Aber selbst dies ist kein Garant. Ein Bekannter erzählte mir, mit Druckluftpumpen hätten die Diebe Tresore aus der Wand gerissen. Es macht kaum Geräusche und geht angeblich erstaunlich schnell.» «Das mag sein, aber trotzdem ist ein Tresor ein Hindernis, das Dieben Zeit kostet. Zeit, die sie eigentlich nicht haben. Aber Sie sagen auch, dass die Polizei wenig unternehmen kann?» «Wieder korrekt. Die für uns zuständige nächste Polizeistation West II ist weit entfernt und meist wegen dem Dienst und den häufigen Einsätzen auf der Autobahn völlig überlastet. Da ändert es auch nichts, dass es in einigen Straßen in unserem Viertel bereits mehrere, gut organisierte Einbrüche gegeben hat.» «Haben Sie sich überlegt, ob Sie mit einer privaten Sicherheitsfirma nicht besser bedient wären?», gab ich zu bedenken. «Das haben wir uns auch überlegt.» Frau Bayer drehte sich zu den Nachbarn hinter ihr und erntete einhelliges Nicken. «Deshalb haben wir uns letztendlich auch für Sie entschieden», meldete sich ein älterer Herr zu Wort. «Darf ich mich vorstellen, ich heiße Helmut Hauer und wohne quasi in der Mitte der Straße, strategisch gesehen also optimal», lächelt er trocken. «Wir haben uns zunächst an die Firma HSS gewendet, Hartmann Security Service, wenn ich mich recht erinnere. Der Inhaber, Herr Hartmann hat uns allerdings umgehend an Sie verwiesen, weil Sie angeblich deutlich unauffälliger agieren könnten. Er befürchtet, professionelle Diebe mit seinen Leuten nur vorübergehend verscheuchen zu können. Und weil Sie die Beste wären, hat er uns versichert.» Jetzt war mir alles klar. Mein Ex-Freund Walter selbst hatte sie zu mir geschickt und dabei nicht vergessen, mich in den höchsten Tönen zu loben. Wie peinlich. Allerdings muss ich, wenn auch zähneknirschend, seinen Argumenten beipflichten. Eine dauerhafte Bewachung ist ziemlich teuer und für den geübten Blick eines routinierten Diebes leicht erkennbar. «Angeblich soll diese Diebesbande noch immer ihr Unwesen in unserer Stadt treiben», schaltete sich Frau Bayer wieder ein. «Wir sind überzeugt, dass zwei unserer Nachbarn sie beim Ausspionieren der einzelnen Häuser beobachtet haben. In der Straße wohnt eine junge Frau mit zwei kleinen Kindern, Frau Diepold. Und ein älterer Mann, Herr Mertens, unser Katzenfreund. Beide konnten heute leider nicht mitkommen, haben aber an zwei Tagen hintereinander zwielichtige Gestalten bemerkt. Sie haben sich unsere Häuser genau angesehen und einige Grundstücke mit Handys fotografiert. Jetzt befürchten wir, dass sie nicht aufgeben werden und früher oder später zuschlagen. Zugegeben, die Polizei nimmt sich unserer Sorgen durchaus an, haben uns Tipps gegeben, wie wir uns schützen, wie wir Fenster und Türen verstärken können. Sie fährt in den letzten Tagen zwei bis dreimal mal nachts Streife. Aber das ist einfach zu wenig. Maßnahmen für unseren Schutz kosten nicht nur Geld, sondern auch Zeit. Und wir befürchten alle, dass wir genau diese nicht haben.» «Was erwarten Sie nun von mir?», fragte ich skeptisch und bemüht, meine Hilflosigkeit, nicht allzu deutlich zu zeigen. «Wir haben uns etwas umgehört, Frau Klinger. Sämtliche Einbrüche fanden immer zwischen Mitternacht und morgens 6:00 Uhr statt. So haben wir überlegt, dass Sie für uns die Straße zu dieser Zeit observieren könnten. Sie sollen dabei nicht eingreifen, jedoch Autos und Personen protokollieren und fotografieren, die in unsere Sackgasse fahren. Es gibt schließlich keinen Durchgangsverkehr. Wer zu uns kommt, weiß wo er hin möchte, oder hat sich verfahren. Falls sie jedoch befürchten, dass tatsächlich ein Einbruch beabsichtigt ist, dann rufen sie einfach bei Einigen von uns an und verständigen die Polizei. Wir haben schon überlegt, ob wir das nicht selbst organisieren, aber wir sind eben keine Profis und haben auch nicht die geeignete Ausrüstung», erklärte Frau Bayer und deutete auf Herrn Hauer. «Bei ihm können Sie übrigens von der Garage aus den größten Teil der Straße überwachen. Er hat den Dachboden erst vor Kurzem ausgebaut und nun gibt es dort drei Fenster.» Ich musste nicht lange überlegen, als mir klar war, was von mir konkret verlangt wurde. Es gab bereits unangenehmere Aufträge, als von einer kalten Garage aus eine Straße im Blick zu behalten. Überraschenderweise erschrak niemand von den Anwesenden, als ich die Konditionen nannte und mich an den Ratschlag meiner Anwaltsfreundin Serena erinnerte, die mich immer rügte, mich nicht zu billig zu verkaufen. «Wir haben alle zusammen gelegt und würden Sie zunächst für eine Woche engagieren», teilte mir Frau Bayer mit. Sie versicherte sich noch einmal mit einem raschen Blick bei den anwesenden Nachbarn, die alle wortlos nickten und mich erwartungsvoll ansahen. Das geschah gestern Vormittag. Glücklicherweise erreichte ich Gernot am Handy, das er üblicherweise die meiste Zeit nur auf Standby betrieb. Ich arrangierte mich mit ihm, diesmal nur bis Mitternacht in der Kneipe zu helfen. Er erklärte sich wie immer sofort einverstanden, denn er war heilfroh, dass ich ihm überhaupt noch als Kellnerin aushalf. Schon öfter befürchtete er, dass ich den Job kündigen würde, um nur noch ausschließlich als private Ermittlerin zu arbeiten. Obwohl ich einige Male mit dem Gedanken gespielt habe, so gab es für mich unzweifelhaft gewisse Vorteile, die mich letztendlich immer wieder davon abhielten, den Job an den Nagel zu hängen. Kneipen sind eine hervorragende Quelle für aller Art von Informationen. Und wenn ich ganz aufrichtig zu mir bin, macht es mir hin und wieder sogar Spaß, Gäste zu bedienen, mit ihnen zu flirten und zu scherzen. Von den Trinkgeldern und der kleinen Verkaufsprovision einmal abgesehen. So verließ ich Gernots Kneipe gestern bereits kurz vor Mitternacht und fuhr mit meinem Mini Cooper in den Südwesten der Stadt. Ich parkte etwas entfernt in einer Querstraße und folgte der Beschreibung von Herrn Hauer. In meinen Rucksack hatte ich den Fotoapparat und weiteres nützliches Equipment, wie Notizblock, Taschenlampe, Feldstecher, und zwei Thermoskannen mit heißem Kaffee gepackt. Mühelos fand ich den beschriebenen Kiesweg hinter einer Reihe von Häusern, der mich direkt zu Herrn Hauers Garage führte. Ich hatte von ihm einen Schlüssel für die hintere Gartentür und einen weiteren für die Garage bekommen. Ich wollte um keinen Preis auffallen und benutze kein Licht, sondern nahm die Taschenlampe und bedeckte sie mit der Hand, dass nur ein schmaler Lichtstrahl übrig blieb. Über eine Holztreppe gelangte ich nach oben. Die drei Fenster boten tatsächlich einen Blick beinahe über die gesamte Straße, so wie es mir beschrieben wurde. Herr Hauer hatte mir einen alten Stuhl besorgt und eine dicke Wolldecke zurechtgelegt, um mich zumindest ein bisschen gemütlich einrichten zu können. Falls ich fotografieren musste, blieb es mir, allerdings nicht erspart, die Fenster zu öffnen. Um das Risiko zu vermeiden, dass mich dabei jemand hört oder gar wegen einer unabsichtlichen Spiegelung in einer der Scheiben entdeckt, öffnete ich alle drei Fenster. Obwohl kaum Wind ging, wurde es innerhalb kürzester Zeit bitterkalt auf dem Dachboden. Ich fing an, mit den Zähnen zu klappern. Immerhin vermied ich, dass die Fotoobjektive bei raschem Temperaturwechsel beschlugen. Ein schwacher Trost, trotzdem durfte ich mich nicht beklagen. Es war Mitte Dezember und Nachtfrost nichts Außergewöhnliches. Es gab Jahre, wo zu dieser Zeit schon längst Schnee gefallen war. Die Thermoskanne mit heißem Kaffee rettete mich nicht nur über die Kälte, sondern sorgte auch dafür, dass ich nicht einschlief. In dieser Nacht war ich Gernot mehr als einmal dankbar, als er darauf bestand, dass ich eine zweite Kanne zur Reserve einstecken sollte. «Extra stark mit einem Schuss Whiskey. Der bringt dich nicht um und fahren kannst du auch noch, aber dafür hält er wach. So haben es früher viele LKW-Fahrer gemacht und leider häufig übertrieben. Aber heute, mit den strengen Lenkzeiten ist das nicht mehr nötig», hat er mir erklärt und ich musste ihm recht geben. Seine Kaffee-Mischung hätte Tote zum Leben erwecken können. Meine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Zeitweise flüsterte ich Texte meiner Lieblingssongs vor mich hin oder summte die Melodie dazu, nur um nicht einzuschlafen. Außer zwei Nachbarn, die gegen 1:00 Uhr und kurz nach 1:30 Uhr nach Hause kamen und einem Streifenwagen der Polizei, der nur wenige Minuten später die Straße bis ans Ende fuhr und wendete, blieb es bis 4:17 Uhr völlig still. Der Fahrer des Wagens benahm sich so augenfällig verdächtig, dass ich ihn sofort bemerkte. Die Müdigkeit war auf der Stelle wie weggeblasen. Dafür beschwerten sich die Augen über den anhaltenden eiskalten Luftzug und tränten. Na toll. So etwas geschah aber auch immer im unpassendsten Moment. Ich sah zunächst alles nur verschwommen und musste mich dazu noch weit aus dem Fenster lehnen. Er bog, von links oben kommend aus genau der Querstraße in die Straße ein wo ich den Mini Cooper geparkt hatte. Schon nach wenigen Metern schaltete er die Scheinwerfer auf Standlicht. Wenn das nicht verdächtig aussah? Ich griff sofort nach dem Fotoapparat und verfolgte den Wagen im Schein der Straßenlaternen mit dem Teleobjektiv. Ein dunkler Kombi. Als er sich näherte, erkannte ich das Emblem am Kühler, ein VW Passat. Nur zwei Häuser von mir entfernt hielt er unvermittelt an. Ich schoss zuerst Bilder des Kennzeichens und hoffte, trotz des starken Rauschens der Kamera bei der herrschenden Dunkelheit, später noch brauchbare Ergebnisse zu erhalten. Einen Blitz konnte ich nicht aktivieren. Er wäre auf die weite Entfernung vermutlich nicht einmal hilfreich. Ich war so aufgeregt, dass ich zunächst völlig vergaß, den Feldstecher zu benutzen und mir die Nummer zu notieren. Zwei verdächtige Personen stiegen aus und vermieden es, die Wagentüren zu schließen. Der Fahrer war umsichtig genug, sogar die Innenbeleuchtung des Wagens auszuschalten, sodass ich die Personen im schwachen Schein der Straßenlampen nur als Silhouette wahrnehmen konnte. Eine Person hielt einen Schreibblock, machte sich Notizen, während die andere Person mit einem Fotoapparat die Umgebung aufnahm. Als sie sich auch zu mir umdrehten und die Straße überquerten, ging ich schleunigst in Deckung und zählte in Gedanken bis 30. Erst dann wagte ich wieder einen vorsichtigen Blick durch das mittlere Fenster. Mir war sofort klar, wenn das kein verdächtiges Verhalten war, was diese Beiden hier abzogen, dann weiß ich auch nicht weiter. Sie liefen die Straße nach rechts bis zum Wende-Hammer und kehrten auf dem Gehweg gegenüber zurück. Alles in ihrem Verhalten deutete für mich darauf hin, dass sie nicht bemerkt werden wollten. Ich hielt stets das Handy griffbereit, um die gespeicherten Nummern der Nachbarn zu wählen, für den Fall der Fälle, doch sie beließen es lediglich beim Beobachten. Vielleicht nur heute. Eine gute Viertelstunde später stiegen sie wieder ins Auto und fuhren so leise davon, wie sie gekommen waren. Wenigstens hatte ich genügend Bilder und stichpunktartig die Häuser notiert, die die beiden Gestalten besonders interessant fanden. Es wurmte mich allerdings, dass es mir wegen der schlechten Beleuchtung bis zum Schluss nicht einmal gelungen war, eindeutig festzustellen, ob es sich um Männer oder Frauen handelte. Selbst das Fernglas konnte mir nicht helfen. Beide trugen lange Wintermäntel und flache Schuhe. Ich tippte auf zwei Männer. Vielleicht brachte mich die Bildverarbeitung am PC weiter. Sie fuhren bis zum Schluss nur mit Standlicht langsam aus meinem Blickfeld. Alles hatte lediglich eine halbe Stunde gedauert, obwohl es mir viel länger vorgekommen war. Besonders die klammen Finger und die eiskalten Ohren dankten es mir, dass ich mich endlich zurückziehen konnte, auch wenn es auf dem Dachboden alles andere als kuschelig warm war. Immerhin spürte ich auf dem Stuhl kaum noch etwas von der eisigen Zugluft. [...] |